Konstruktiver Journalismus in Kriegszeiten – (Wie) kann das gelingen?

Foto: Bonn Institute / Florian Görner

Im Rahmen der Gesprächsreihe „Erzählen Sie mehr…“ war Prof. Dr. Katja Ehrenberg vom Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog am 25. Januar 2023 per Zoom zugeschaltet. Die Psychologin referierte über eine aktuelle Studie des Bonn Institute und diskutierte anschließend mit den Alumni und Studierenden.

„Wie kann es gelingen, gute, seriöse Berichterstattung – Qualitätsjournalismus – so zu machen, dass die Leute sich nicht abwenden und ohnmächtig verzweifelt ins Private zurückziehen?“ Das war die Grundfrage, die sich Forschende des Bonn Institute für Journalismus und konstruktiven Dialog im Jahr 2022 gestellt hatten. Vorausgegangen war eine Beobachtung des Reuters Digital News Report, der ein sinkendes Interesse an Nachrichten in unterschiedlichen Ländern festgestellt hatte. Insbesondere der Ukraine-Krieg hat zuletzt zu einer steigenden Nachrichtenvermeidung geführt.

„Zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ heißt die Studie, welche sich sowohl mit der Seite der Mediennutzenden als auch -schaffenden beschäftigt hat. Die nicht-repräsentative, aber divers zusammengestellte Stichprobe gab dafür in qualitativen Tiefeninterviews Antworten rund um die Kernfragen: Welche Bedürfnisse haben sie bei der Berichterstattung über Krisen und Konflikte? Was kennzeichnet eine Krisen- und Kriegsberichterstattung, die sie als gelungen erleben?

Die Medienschaffenden wurden gefragt: Geht das überhaupt, konstruktiv in der Krise zu berichten? Wie könnte das aussehen? Was habt ihr für Erfahrungen damit gemacht?

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

Mediennutzende erhoffen sich mehr Hintergrundinformationen, mehr Tiefe und historische Einordnung, aber auch Verifizierung und Transparenz. Außerdem möchten sie mehr Berichterstattung von vor Ort: „Wie geht es den Menschen da, wie ist das überhaupt gerade jetzt dort zu leben? Wie sieht der Alltag dort aus? Persönliche Geschichten, bei denen man für sich einen Bezug herstellen kann“, so die Wissenschaftlerin.

Auch genannt wurde der Wunsch nach einem Lösungsfokus: Wie kann man diesen Krieg beenden, aber auch wie kann man helfen?

Explizit ersteres können sich die Medienschaffenden nicht vorstellen. Katja Ehrenberg erzählte: „Viele haben klar gemacht, es ist ja nicht unsere Aufgabe, Lösungen für dieses Kriegsgeschehen zu erarbeiten im Journalismus, das ist Aufgabe von Politik. Das wird auf dem Verhandlungstisch und auf dem Schlachtfeld entschieden.“ Was sie tun können, ist ziviles Engagement zu zeigen, Vergleichsfälle zu erläutern, in denen es in der Vergangenheit gelungen ist, Konflikte zu lösen bzw. zu stabilisieren.

Dariush Movahedian

veröffentlicht am 17.02.2023